Kleider machen Leute, wie ist dies im Verkauf zu verstehen?

FCZ Fahnen Fans

Kleider machen Leute, wie ist dies im Verkauf zu verstehen?

In-group favoritism vs. Statussymbole

Dank meiner Tätigkeit als Auditor durfte ich vor geraumer Zeit einer Debatte beiwohnen, die mir sehr bekannt vorkam.

Das Thema war die richtige Bekleidung beim Kundenbesuch, der Rahmen Versicherungsberatung. Anzug und Krawatte oder dem Kunden angepasst.

Gereizt sagte schliesslich einer der Teilnehmenden: Ich geh doch nicht mit Anzug und Krawatte zum Bauer, der jagt mich gleich wieder mit der Heugabel vom Acker.

Die Trainerin vertrat, so denke ich, die Meinung der Vertriebsleitung. Am besten lässt sich die Unternehmung sowie deren Seriosität im Finanzbereich repräsentieren, in dem man Anzug und Krawatte trägt, welches ein zusätzliches Vertrauen vermittelt.

Diese Begründung missfiel denjenigen Teilnehmenden selbstverständlich und wie zu erwarten massiv, die nicht vom Acker gejagt werden wollten und Ihre negativen Erfahrungen schon gemacht hatten.

Im Jahre 2001 wurde ich während einer Verkaufsschulung zum ersten Mal mit dieser Fragestellung konfrontiert.

Die Debatte dauerte dazumal nicht sehr lange – da auch dieser Konzern, wie mein vorgängiger Arbeitgeber, Anzug und Krawatte vorschrieb.

Heute bin ich mir bewusst, welche zwei wichtigen psychologischen Gegebenheiten dafür oder dagegen sprechen.

Die erste Gegebenheit ist der „In-group favoritism“:

Wir fühlen uns einfach sicherer, wenn wir Gleichgesinnte um uns haben.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Gruppenbildung zu unserem Alltag gehört. Gruppenmitglieder kleiden sich ähnlich (Uniform), haben eigene Begrüssungsrituale und ähnliche Interessen sowie Lebensweisen. Wenn man zur Gruppe dazugehört oder dazugehören möchte, ist es notwendig oder zumindest von Vorteil, sich den Gesetzten dieser zu unterstellen, wenn man ihr Vertrauen gewinnen will.

Kein (Ver-) Kauf ohne Vertrauen!

Die zweite Gegebenheit fundiert auf Vertrauensbildung durch Statussymbole:

Wir vertrauen denen, die „Beweise“ vorlegen können, die aufzeigen, dass man ihnen vertrauen kann.

Ärzte machen dies vorbildlich, in dem sie im prunkvollen Wartesaal oder ihrem Besprechungszimmer so viele Diplome wie möglich, wertvoll eingerahmt, präsentieren. Dazu ein weisser Kittel, welcher sie gleich zur Gruppe der „Götter in Weiss“ erheben lässt. Wir fühlen uns klein und unwissend und vertrauen blind der Diagnose.

Übrigens ist oft schon der Wartesaal ein Statussymbol und eine Machtdemonstration, die ihren Zweck gut erfüllt. Wer jemanden warten lassen kann, hat Macht und muss gefragt und erfolgreich sein.

Die ersichtlichsten Statussymbole für Erfolg und Reichtum im Geschäftsleben sind; der Anzug (Kleider), die Krawatte (wobei diese heute stark an Statuswert eingebüsst hat), der Schmuck (die Uhr), das Auto wie auch das Haus und nicht zuletzt der Mangel an Freizeit. Wobei letzteres geschichtlich gesehen lange umgekehrt war.

Aus heutiger Sicht würde ich keinem Vertriebsleiter raten, seinem Vertrieb eine Uniform aufzuzwingen. Je nach Bevölkerungsgruppe, bei der man im Verkauf besonders gut ankommt und erfolgreich ist oder vordringen möchte, ist die eine oder andere der psychologischen Gegebenheiten stärker zu Gewichten.

Jede Medaille hat zwei Seiten – wichtig ist es, die Opportunitätskosten zu vermeiden.

Sie hindern ihren Erfolg einfach massiv, wenn Sie mit einem FC Basel Schal bei einem FC Zürich Fan aufkreuzen.

Ganz nach der Erkenntnis: «Gut angekleidet zu sein bedeutet, der Situation gerecht seine Garderobe auszuwählen» Ein Satz meiner Mutter, der mich kurz nach der 2001 Diskussion bewog, mein Erscheinungsbild ebenfalls dem Anlass und Kunden entsprechend anzupassen.

Ein weiser Entscheid, welcher mir viele Türen öffnete und mich wohl davor bewahrte, jemals vom Acker gejagt worden zu sein.

Wünsche allen viel Erfolg

Raphaël Wolf

No Comments

Post A Comment